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Freitag, 24. November
Wir starten von ca. 2.800m, mit dem Endziel Axum. Es ist eine spektakuläre Fahrt auf der unbefestigten und einzigen Durchgangsstrasse mit Schotter, Kieselbett, Wellblech, nassem Kopfsteinpflaster, usw., also alles, was das Herz nicht unbedingt begehrt. Es geht nur in Serpentinen rauf, runter, wieder rauf, usw. Aber so toll!!! Für die ersten 30km benötigen wir eine Stunde. Um euch einen Eindruck von dem auf und ab zu geben, hier die jeweils höchsten und tiefsten Punkte von den ersten 110km: Start: 2.800m ü.M. – 1.270m – 1.720m – 1.294m –1.594m –1.285m – 1.528m – 1.309m – 1.448m –1.192m – 1.431m. Es hört sich nicht nach viel an, doch müsst ihr bedenken, dass diese Höhenunterschiede auf steilstem und kürzestem Weg zu bewältigen sind und keinerlei ebene Strecke aufweisen! Jetzt sind die extremen Höhenunterschiede vorbei. Doch wir sitzen weiterhin in einem Schüttelbecher. Wir fahren jetzt einige Zeit auf ca.1.300m, vorbei an Tef- und anderen Getreidefeldern vorbei. Und wie immer, wenn uns Kinder sehen, erschallt ihr: you, you, farangi (Weisser, Ausländer), give me a pen, birr (äthiop.Währung), shirt. Und viele von den Kindern tragen hier einen Irokesenhaarschnitt. Nach 125km kommt ein 10km langer, extrem steiler Abstieg von 1.460m auf 880m, wir überqueren einen Fluss und nach einem 15km langen und steilen Anstieg bis auf 1.622m kommen wir auf eine ewig lange Hochebene. In dieser Höhe sind die Häuser hauptsächlich aus rötlichem Gestein, genau wie auch die Strasse. Hier geht's noch mal gemächlich bis auf 1.960m hoch. Hier sehen wir auch die ersten Lastkamele und viele Euphorbien, die bis zu 4-5m hoch wachsen und andere Sukkulenten. Ah, eine grosse Stadt, das muss nach km-Stand Axum sein. Wir suchen das Hotel Kaleb, finden es auch – aber nach der Beschreibung unseres Reisebuchs kann das nicht so eine Bruchbude sein. Dann stellt sich heraus, wir sind erst in Inda Silase und müssen nochmals 60km weiterfahren. Der Herausgeber der deutschen! Landkarte von Äthiopien hat vergessen, die Meilen in Kilometer umzurechnen. Welch eine Enttäuschung! Wir überqueren verschiedene Gebirgsketten und viele Hochebenen. Zum Glück ist die Strasse hier etwas besser und Werner kann 60km/h und mehr fahren. Nach 8 Stunden Fahrt für 254km (Luftlinie vielleicht 150km) erreichen wir endlich um 5 Uhr abends Axum. Hier muss ich wirklich Werners fahrerische Leistung hervorheben. Er durfte wirklich keine Minute unachtsam sein, denn es wäre nicht lustig gewesen, über die Strasse hinauszugeraten und ein paar hundert Meter runter zu fliegen. Ian hat die Strecke auf seinem Motorrad in 6 Stunden geschafft. Aber David und Carol sind noch nicht angekommen. Wir nehmen an, sie haben unterwegs übernachtet.
Samstag, 25. November
Wir schlafen aus und gerade als wir uns aufmachen wollen, die Stelen aus dem 4.Jahrhundert und Sheba's Bad anzuschauen, kommen David und Carol vorbei. Wir sind erleichtert. Sie haben Axum im Dunkeln erreicht, das Hotel nicht gefunden und sind in einem anderen abgestiegen. Ab morgen trennen sich unsere Wege, doch vielleicht sehen wir die beiden wieder in Lalibela oder Addis Abeba. Sie legen mehr Etappen ein. Kein Wunder, wenn man für die Reise ein ganzes Jahr Zeit hat. Am Abend lädt uns der nette Hotelbesitzer zu einer Kaffeezeremonie ein. Kaffeetrinken zu Hause wird ziemlich langweilig werden nach dieser Erfahrung in Äthiopien.
Sonntag, 26. November
Nachdem wir den Abstandsangaben der Landkarte nicht mehr trauen können, machen wir uns heute schon frühzeitig auf den Weg nach Woldiya. Die meiste Zeit fahren wir auf 1.900 bis 2.200m Höhe. Es folgt eine Baustelle nach der anderen. Die Chinesen bauen die neue Überlandstrasse nach Addis Abeba. Die Strasse führt uns durch eine tiefe Schlucht und plötzlich befinden wir uns auf einer extremen Passstrasse wieder. Lange Zeit einspurig und um einiges schlimmer als vor 2 Tagen. Zeitweise bin ich recht still. Die Strasse führt bis auf 3.037m, vorbei an Terrassenfeldern und haufenweisen Feigenkakteen. Der Vorteil beim Langsamfahren ist, dass man alle Gerüche von draussen aufnehmen kann. Mal riecht es wie in der Provence nach Kräutern, mal nach Sand, usw. Für diese 131km brauchen wir 3 ½ Stunden. Ab der Stadt Adigrad auf 2.400m ist die Strasse geteert. Die Erde hier ist nicht mehr rot, sondern gelb und beige. Wir durchqueren eine sanfte Berglandschaft. Überall begegnen uns Herden von Langhornrindern, sehr schöne Tiere. – Oh nein, die neue Strasse ist gesperrt und wir müssen auf die alte Überlandstrasse zurück für insgesamt 115km. Kurz vor Dunkelheit kommen wir in Waldiya an und müssen feststellen, dass die Landkartenangaben überhaupt nicht stimmen, nicht mal, wenn man von Meilen ausgeht. Waldiya ist auf halber Strecke zwischen Axum und Addis Abeba und ist der Übernachtungsort für die LKWs. Ein rechtes Drecksnest auf 1.800m.
Montag, 27. November
Der Landcruiser stellt heute seinen Höhenrekord auf mit 3.500m. Auf dieser Hochebene ist wie überall die Ernte in vollem Gang. Nach 109km geht’s wieder runter auf die Talsohle von 1.950m und wir erreichen die 20km lange geteerte Strasse, die vom Lalibela Flughafen nach Lalibela auf 2.400m raufführt. Und welch eine Überraschung: die km-Angaben auf der Karte stimmen wieder und wir kommen bereits um 13.15 Uhr an. Lalibela wird wegen seiner monolithischen Kirchen das "Petra von Afrika" genannt. Ich bin gespannt. Wir übernachten im Alief Paradise Hotel (6 Zimmer) und zum Empfang gibt's gleich eine Kaffeezeremonie. Kurz danach kommt ein südafrikanischer Landrover mit einem Norweger, Jarle, und einem Schweden, Johann, an. Jarle hat lange Zeit bei der UN in Johannisburg gearbeitet und fährt jetzt 2 Jahre lang durch Afrika. Danach "schnaufen" wir zu Fuss ins Ortszentrum hinauf und gehen etwas essen, kurz danach kommen auch Jarle und Johann. Jetzt sitzen wir alle im Garten des Hotels und lassen es uns bei einer Flasche äthiopischem Rotwein gut gehen. Was ich schon dauernd vergessen habe, euch zu berichten: nämlich: hier in Äthiopien gehen die Uhren anders. Wenn es nach unserer Zeit 7 Uhr abends ist, ist es für die Äthiopier 1 Uhr. Im internationalen Verkehr gebrauchen sie aber unsere Zeitrechnung. Doch es heisst immer nachfragen, ob sie lokale oder internationale Zeit meinen. Ja, und die Jahreszahl ist bei ihnen 1999 und nicht 2006. Neujahr ist am 11. September. Das Jahr hat 13 Monate, wobei 12 Monate 30 Tage haben und der 13.Monat 5, bzw. im Schaltjahr 6 Tage. Dann noch der Himmel: in Europa steht der Halbmond, aber hier liegt er. Genauso die Sternbilder. Z.B. das Sternbild Orion steht in Europa, hier liegt es. Very confusing, wenn ich meine vertrauten Bilder am Himmel suche.
Dienstag, 28. November
Heute ist grosser Besichtigungstag. Insgesamt 11 monolithische und semi-monolithische Kirchen sind hier. Wir kommen an einen Ort, alles ist flach und plötzlich stehen wir vor einem senkrechten Abgrund von ca. 25-30 Meter und darin steht oder stehen die Kirchen. Zuerst haben sie also einen 1-2 Meter breiten Schacht aus dem Gestein herausgehämmert, danach die Kirchen ausgehöhlt. Je 5 Kirchen befinden sich in einem Areal und sind durch Gänge verbunden. Die elfte und schönste ist die Georgis Kirche. Das Dach ist auf gleicher Höhe wie die Ebene und stellt ein gleichschenkliges Kreuz dar. Aber wo ist denn der Abstieg zum Eingang der Kirche? Ah, auf der anderen Seite führt ein enger, in den Stein gehauener Pfad hinunter. Toll!
Mittwoch, 29. November
Es geht die gleiche Strecke zurück nach Waldiya. Auf der Hochebene treffen wir auf Carol und David, die auf dem Weg nach Lalibela sind. Nach einem Mittagessen in Waldiya fahren wir weiter nach Dessie. Uns wurde gesagt, die Strasse ist geteert und gut. Naja, vielleicht nach äthiopischer Ansicht. Da die Strasse übersäht ist mit tiefen Schlaglöchern, kommen wir nicht schneller vorwärts als auf den miserablen Naturstrassen. Wenigstens staubt's nicht. Wir erreichen Dessie, ein miserables Durchgangskaff, wo Ian schon auf uns wartet und entschliessen uns die 20 km nach Kambolcha weiterzufahren. Leider wird es zu schnell dunkel und die Fahrt den Berg runter ist alles andere als lustig bei diesen miserablen Strassenverhältnissen. Unten warten wir auf Ian, der in Dessie hinter uns war. Aber er kommt und kommt nicht. Ein paar Einheimische verklickern uns, dass bereits ein "brmm-brmm" durchgefahren sei zum Tekle Hotel und wir entschliessen uns endlich dort nachzuschauen, ob es tatsächlich Ian ist. Und wirklich, er ist dort. Gott sei Dank. In Dessie haben sie ihn auf eine andere Route durch den Ort geschickt, sodass er am Ortsende vor uns war. Ab morgen trennen sich auch unsere Wege für eine knappe Woche, dann treffen wir uns eventuell wieder, um den Süden Äthiopiens gemeinsam zu erkunden. Da er nur einen normalen Tank hat, kann er nur Abstecher machen, wie bei Lalibela der Fall, wenn ein Auto Reservebenzin für ihn mitnimmt.
Donnerstag, 30. November
Um 7 Uhr ist Abfahrt nach Addis Abeba. Nach ein paar Kilometern: Hipp, hipp, hurra! Eine neue Strasse. Unsere Gehirnzellen können sich die nächsten 120km wieder richtig anordnen. Dann jedoch ist wieder Schluss mit der Herrlichkeit und der Schüttelbecher ist wieder angesagt. Wir bewältigen mal wieder eine Passhöhe von 3.200m hoch und befinden uns danach auf einer mehr als 200 km langen Hochebene (ca.2.500 - 2.800m) wieder. Kurz vor Addis geht es wieder auf etwa 2.200m runter. Wir erkundigen uns noch bei einer Werkstatt in Kotebe, einem Vorort von Addis, ob und wann sie den Service am Landcruiser vornehmen können. Am Montag kann Werner ihn vorbeibringen. Wir beziehen Zimmer im Hotel Buffet de la Gare, mitten im Stadtzentrum.
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