Freitag - Sonntag, 1.- 3. Dezember
Unser erster Gang heute in die Stadt ist zur Bank, um Traveller Checks zu wechseln. Wie immer dauert das mindestens eine ¾ Stunde. Danach zur Kenia-Botschaft für's Visa. Auch sie arbeiten sehr schnell. Ein Visa braucht 2 volle Werktage, basta! Also müssen wir bis Montag warten. Was macht man in einer Grosstadt? Wäsche waschen lassen, Auto-Service machen, Website vorbereiten, Essen gehen (zur Abwechslung mal Italienisch und Chinesisch), etc. Seit wir hier sind, regnet es immer wieder, obwohl die Regenzeit schon lange vorbei ist und ein Pulli ist auch am Tag nötig. Was den Verkehr betrifft: würde man die Taxis und Busse entfernen, wären die Strassen leer. Sehr angenehm.
Montag, 4. Dezember
Wir machen uns auf zur kenianischen Botschaft. Und tatsächlich, nach über einer Stunde warten, erhalten wir unsere Visa. Und nach einigen Taxifahrten umsonst, finden wir endlich die ugandische Botschaft, aber die hat jetzt Mittagspause. Also um 2 Uhr noch mal hin, alles ausfüllen und nach einigem hin und her, werden uns die Visa tatsächlich noch am gleichen Tag um ½ 5 Uhr ausgehändigt. Das macht die lange Wartezeit für Kenia wieder gut.
Dienstag, 5. Dezember
Endlich können wir Addis verlassen. Tut das gut, mal wieder Felder und Berge zu sehen. Wir kommen auf 1600m runter und die Landschaft ist voll von Akazienbäumen. Unser heutiges Ziel ist Arba Minch, 500 km entfernt. Um dorthin zu gelangen, müssen wir unseren Weg durch unzählige Viehherden, Menschenmengen und Schlaglöcher bahnen. Stellt euch einfach eine Prozession vor, durch die ihr mit dem Auto fahren müsst. Wir passieren 2 grosse Seen und am dritten liegt Arba Minch, ein Teil des Ortes am See und der andere am Berg.
Mittwoch, 6. Dezember
Am frühen Morgen wollen wir los, doch an der Tankstelle heisst es, dass wegen Benzinknappheit Tankgutscheine geholt werden müssen. Das dumme ist nur, dass dieses Büro erst um 8 Uhr aufmacht. So kommen wir erst um 9 Uhr los. Gestern hatten wir eine Emmentaler Strasse (Kühe und Löcher), heute ist es eine Kuh- oder beschissene Strasse, im wahrsten Sinn des Wortes, voll mit Kuhfladen. Einmal werde ich doch tatsächlich von Kuhscheisse im Auto getroffen. Ein tolles Gefühl. Nach Konso durchfahren wir eine Hügellandschaft vom schönsten. Da man von einem Hügel aus in der Ferne die Fortsetzung der Strasse sieht, sind auch die Kinder bereits an den langsamsten Stellen parat, um zu betteln oder selbstgemachtes Spielzeug zu verkaufen. Es ist ein Wunder, denn einmal halten wir, ohne dass wir gleich von Kindern umringt sind. In den kleinen Ansiedlungen mit den Rundhäusern fällt mir auf, dass etliche auf Stelzen sind. Dies sind die Vorratslager. Auf einem Hügel kommt uns eine belgische Familie in einem umgebauten Truck entgegen. Das Gespräch ist etwas umständlich, denn andauernd reden etwa 20 Kinder dazwischen und wollen etwas verkaufen. Nach Hunderten von Hügeln auf ca. 1.200 bis 1.600m Höhe kommen wir in den ostafrikanischen Graben (Rift Valley). Wunderschön diese etwa 10-15km breite Ebene auf 575m Höhe, eine total grüne Feuchtsavanne. Unterwegs begegnen uns Affen, Dikdiks (kleinste Antilopenart, vielleicht 30 – 40cm hoch), Ibisse und andere Vögel. Danach geht's wieder die Hügel hoch und auch unsere erste, aber nicht letzte, Flussdurchquerung steht an. In Keyafar auf 1.620m machen wir Halt um etwas zu trinken und erfahren dabei, dass zwei ältere Schweizer Rucksacktouristen in diesem "Hotel" übernachten. Da es nach Regen aussieht und wir noch 1½ - 2 Stunden bis Jinka hätten, entscheiden wir uns über Nacht dort auf dem Camping zu bleiben und lassen uns von einem einheimischen Jungen in ein Dorf des Banna-Stammes bringen; ihre traditionelle Kleidung besteht aus Tierfellen, kunstvoll zurechtgemacht mit z.B. Muscheln, die Männer laufen meist mit einer Kalaschnikow herum, für die sie aber selten Munition haben und sie deshalb dieses Statussymbol immer mehr durch bunte Regenschirme ersetzen. Werner macht Fotos und als Dank lassen wir ihnen Kleidung da. Am Abend sitzen wir dann mit den Schweizern zusammen, sie sind wirklich über 70 Jahre alt und kamen mit einem Lastwagen, da es auf ihrer Strecke keine öffentlichen Verkehrsmittel gab.
Donnerstag, 7. Dezember
Heute ist Markttag in Keyafar. Die Banna-Leute kommen von weither und es ist herrlich, diese Menschen zu betrachten. Ihre Haare haben sie zu kleinen Zöpfen geflochten, auf dem Kopf tragen sie einen halben, ausgehöhlten und manchmal kunstvoll verzierten Kürbis, der ihnen als Essgeschirr dient. Über der Schulter eine Kürbis-Kalebasse mit Wasser und immer dabei, ein kleines, vielleicht 15cm hohes Schemelchen zum draufsitzen und die Kalaschnikow und/oder bunten Regenschirm. Es ist ein farbenfrohes Treiben. Am späteren Nachmittag fahren wir die 42km nach Jinka und nehmen uns ein Zimmer im Orit Hotel. Bis jetzt ist es fraglich, ob wir morgen zu den Mursi fahren können, da wir bis jetzt immer wieder hörten, dass die Strasse wegen des Regens unpassierbar sei, ausserdem stecke ein LKW in dem Morast fest. Die Mursi sind ein Volk, bei dem die Frauen Lippenplatten tragen und ihre Körper durch Narbenbildung verschönern. On verra.
Freitag, 8. Dezember
Eine ¾ Stunde vor uns verlassen Spanier mit ihrem einheimischen Fahrer das Hotel Richtung Mursi-Gebiet. Von 1.400m Höhe fahren wir heute auf z. Teil heftigen Schlammstrassen erst noch mal rauf und dann runter in die Ebene des Mago-Nationalparks auf etwa 600m. Es geht durch Schlamm, tiefe Löcher und Wasserläufe. In der Ebene ist eine totale Schmierseife, da das Wasser durch den Lehm nicht ablaufen kann und die Reifen durch den Schlamm wie Slicks wirken. Wir fahren wirklich durch das tiefste Afrika. Vor einem weiteren, recht grossen Schlamm-Wasserloch gibt Werner nach 24 km und 1 ½ Stunden auf, da er die Strecke kennt und weiss, was noch zu erwarten ist. Das Auto hat jetzt ein schönes ockerfarbenes Grafitti. Wir steigen aus, und obwohl ich versuche, nur auf den Steinen zu gehen, haben meine Schuhe nachher eine zentimeterdicke Schicht auf den Sohlen. Kaum haben wir gewendet, kommen die Spanier zurück. Sie haben es noch 6 km weiter versucht. Auf der Rückfahrt treffen wir wenigstens noch ein paar Mursi an der Strasse an. Ein paar Frauen haben keine Lippenplatte drin und die herunter hängenden Lippen sehen wirklich nicht sehr appetitlich aus. Eine hat wenigstens ein Platte drin. Ist aber wirklich nicht mein Fall. Nach einem Kaffee in Jinka kehren wir nach Keyafar zurück, um 10km vor Keyafar bei einer Hochzeit dem bull-jumping beizuwohnen. Wir treffen unterwegs den Dresdner LKW, den wir schon bei dem Markt getroffen haben und lassen uns gemeinsam dorthin führen. Nach einem 30 min. Fussmarsch kommen wir in dem kleinen Banna-Dorf an. Obwohl die Dresdner schon einen 5 l Kanister mit Alkohol als Gastgeschenk dabei haben, wollen sie noch mehr und nach langem hin und her sind sie mit 50 Birr einverstanden. Am Anfang habe ich dort Mühe, denn die Frauen lassen sich anlässlich des Festes von einem der Männer mit einer Gerte schlagen und oft hinterlässt es blutige Striemen. Doch sie tun es aus eigenem Antrieb. Zum Empfang wird uns ihr selbstgebrannter Schnaps gereicht, doch es reicht, dass wir den Finger in die Flasche tauchen und daran riechen. Einmal schlecke ich den Finger ab. Nicht sooo schlecht. Für die Männer wird ein spezielles Gebräu angesetzt: Kaffee, Honig und Salz. Nach Meinung von Werner und Henry schmeckt's nicht besonders. Ich versuche später ein Gebräu bei den Frauen, aber ausser viel Sand im Mund gibt es nichts spezielles darüber zu berichten. Nach einiger Zeit werden etwa 10 Bullen aus der Herde ausgesondert, von den Männern festgehalten und der Bräutigam springt auf den ersten Bullen rauf und rennt über die anderen. Und das dreimal. Damit hat sich’s. Von den Hochzeitsgästen sind schon einige ganz schön besoffen. Wir halten uns lieber an unser Wasser. - Jetzt sind wir wieder auf dem Camping von vorgestern, umringt von Kühen, Lämmlein, Hühnern und, seit ich am Computer sitze, von unzähligen Kindern und Jugendlichen. Das Feuer brennt und Werner wird uns heute Spaghetti al pesto servieren. Später beim Zähneputzen beobachte ich ein irrsinniges Wetterleuchten, wie ich es noch nie gesehen habe. Mitten in der Nacht dann erreicht uns das Gewitter. Es ist unmöglich, den einzelnen Blitzen den passenden Donner zu zuordnen, da ein Blitz dem nächsten folgt.
Samstag, 9. Dezember
10 Uhr ist Abfahrt nach Dimeka zum Markt. Unterwegs in einem kleinen Dorf hält uns einer an und an Hand seiner Gestik verstehen wir, dass wir Postbote für ihn spielen sollen. Doch wohin verstehen wir nicht. In einem etwas grösseren Dorf (mehr als 10 Hütten) halten wir an, zeigen den Brief und bingo! die richtige Ortschaft. Die Strassenverhältnisse sind nicht so schlimm wie erwartet nach diesem Nachtregen und wir schaffen die 58km in sagenhaften 2 ½ Stunden. Als erstes gehen wir in Dimeka etwas trinken; plötzlich taucht einer auf und will doch tatsächlich 50 Birr Strassenbenutzungsgebühr! Und das für diese abenteuerlichen Pfade. Aber nicht mit uns. Auf diesem Markt treffen wir auf die Leute vom Hamer-Stamm, die den Banna in Kleidung und Bräuchen ziemlich ähnlich sind. Auf dem Markt kaufe ich mir so ein "Mini-Höckerchen", das von den Banna und Hamer immer mitgetragen wird. Habe es auch gleich ausprobiert, mich an den Marktrand gesetzt und das bunte Treiben beobachtet. Danach Weiterfahrt nach Turmi. Hier nehmen wir Zimmer im Busca Hotel, dem besten Hotel des Ortes. Wir haben sogar eine von der Wand baumelnde Steckdose, um den Computer aufzuladen. Die Dusche im Hof ist okay und vom Stehclo reden wir nicht. Hier bleiben wir bis Montag, denn da ist Markttag. Vor dem Hof stehen etliche LKWs, die zum Teil bereits 3 Wochen darauf warten, wieder nach Weyto zurückkehren zu können. Doch der Regen vor einigen Wochen hat die Furt für sie unpassierbar gemacht, speziell nachdem 2 LKWs versunken sind.
Sonntag, 10. Dezember
Ausschlafen ist angesagt. Später sind wir zu einer Kaffeezeremonie eingeladen und danach fährt Werner mit einem Helfer zum Fluss, um das ockergelbe Auto wieder in ein weisses umzuwandeln. Dort hat er Fotos von den 2 versunkenen LKWs gemacht. Die LKWs im Ort sind verschwunden und auch der erste neue LKW ist angekommen, genauso wie die ersten Touristen aus dieser Richtung. Bei unserer Ankunft wurden wir von allen gefragt, ob noch mehr Touristen nach uns kommen und dass wir dies verneinen mussten, hat sie masslos enttäuscht. Am Nachmittag geht Werner zum Fotografieren ins Dorf und kommt mit einem Mann vom Karo-Stamm zurück. Mit Nanga war er schon bei seinen früheren Besuchen unterwegs und Nanga erzählt über Dolmetscher haargenau, wo sie überall zusammen waren.
Montag, 11. Dezember
Nanga ist wieder da und bemalt sich extra für uns in seiner Stammestradition und lässt sich von Werner portraitieren. Bei ihm vereint sich Tradition und Moderne (eigene e-mail Adresse) Der letzte Markttag für uns in dieser Region. Doch vorher besuchen wir die Primarschule von Turmi. 380 Schüler und 19 Lehrer. Die Klassenstärke variiert von 90 bis 30 Schülern. Im Hof haben sie als Anschauungsunterricht die verschiedenen Regionen des Landes aus Stein und Sand dargestellt, ausserdem wie man Bodenerosion aufhalten kann, usw. Im Lehrerzimmer hängen verschiedene selbstgemachte Wandkarten, z.B. vom Ohr, die Periodenelemente, etc. Ein Lehrer bittet mich eindringlich, den Leuten in meiner Umgebung klar zu machen, dass Äthiopien keinesfalls von Dürre oder Hungerkatastrophe bedroht sei. Was sie allerdings brauchen, ist Schulmaterial und Sponsoren für die Schüler. Danach geht's zum Markt, der von Hamer-Leuten bevölkert ist. Da auch gerade Getreide aus USA verteilt wird, stehen die meisten dort an. Nachher öffnen sie die Säcke und versuchen einen Teil davon zu verkaufen. Klar, sie haben auch noch andere Bedürfnisse ausser Essen. Morgen wollen wir Richtung Kenia fahren, doch es heisst, dass die Eisenbrücke zwischen Weyto und Konso gestern oder vorgestern eingestürzt sei. Hoffentlich kommen wir trotzdem durch, denn sonst müssten wir einen grossen Umweg fahren. Also morgen erst mal bis Weyto, dann sehen wir weiter.
Dienstag, 12. Dezember
Nach weiteren Berichten von Chauffeuren müssen wir einsehen, dass das Omo-Gebiet für die nächsten Monate von der Versorgung abgeschnitten ist und wir machen uns um kurz vor 9 Uhr nach Omorate auf. Als wir vom Hotelhof rausfahren, hält uns der Polizeichef auf und wir spielen mal wieder Postbote, diesmal für den Polizeiposten in Omorate. Auf guter Naturpiste und nach 72km erreichen wir diesen Ort schon nach einer guten Stunde. Wir geben den Brief ab, dafür bringt uns einer der Polizisten zum Zollgebäude. Die Formalitäten sind in sagenhaften 15 Minuten erledigt. Danach noch etwas im Ort trinken und dann wieder 18km zurück, wo sich die Abzweigung nach Kenia befindet. Zum Glück gibt es nur einen Feldweg, der von der Hauptstrasse abgeht. Kein Mensch würde glauben, dass dies die Hauptstrasse nach Kenia ist. Wir durchqueren ein, Gott sei Dank, abgetrocknetes Flussbett nach dem anderen. Das breiteste ist um die 200m. Doch plötzlich, dumm gelaufen, stecken wir im Matsch fest. Doch Werner schafft es cm für cm rückwärts auf trockenen Boden zu kommen. Überall blühen gelbe und weisse Blumen. In einem Dorf machen wir Halt, ein Einheimischer mit dem gleichen Ziel wie wir, steigt zu uns ins Auto und hin und wieder kann er uns helfen, die Piste wieder zu finden, speziell wenn ein Teil der Piste vom vergangenen Regen weggespült wurde. Wahrscheinlich sind wir die ersten, die nach dem Regen diese Feuchtsavanne durchfahren. In der Ferne sehen wir schon den Turkana See, ehemals Rudolf See. Um 2 Uhr erreichen wir den kenianischen Polizeiposten in Illeret. Wir werden herzlich empfangen, die Zollformalitäten erstrecken sich darauf, dass er unsere Namen und das Autokennzeichen aufschreibt. In Nairobi müssen wir dann alles weitere erledigen. Sie haben seit den Belgiern in ihrem LKW (siehe 6.12.06) keine Touristen mehr hier gehabt; auch hier wegen dem starken Regen, doch sie sind der Meinung, dass die Weiterfahrt kein Problem für unser Auto sein kann, da wir den Weg hierher gut hinter uns gebracht haben. Und nun sitzen wir im Schatten auf dem Hof des Polizeipostens und lassen es uns hier bis morgen gut gehen. Der eine Polizist nimmt uns mit auf eine Ortsbesichtigung. Zur Zeit leben hier etwa 1.000 Menschen, davon sind die meisten vom Stamm der Dashnites. Hauptsächlich alte Menschen, Frauen und Kinder haben sich mit provisorischen Hütten hier für ein paar Monate eingerichtet, bis sie sich wieder ihren Männern auf Wanderschaft anschliessen. Als wir wieder zurückkommen, geht gerade Kennedy, der Polizeichef, mit 2 Wassereimern vorbei und ruft "I bring the bath for Claudia". Na, das ist doch was. Er zeigt mir die nicht funktionierende Dusche, darin ein kleines Becken zum Reinstehen und mit dem Eimer kann ich mich dann duschen. Nach der Hitze tut das äusserst gut. Nach dem Abendessen gesellt sich Ken noch zu uns auf ein Plauderstündchen. Da es hier keine Elektrizität gibt, ist der Sternenhimmel über uns einsame Spitze.
|